»Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?«
Wenn ich diese Frage in einem Bewerbungsgespräch höre, wachsen mir die Pustel am Hals. Am liebsten würde ich antworten:
»Keine Ahnung. Ich habe mich vor 5 Jahren auch nicht hier gesehen. Woher soll ich also wissen, wo ich am Ende dieser 5 Jahre stehen werde?«
Natürlich sage ich das nicht. Natürlich lächle ich, wie man das von einem anständigen Menschen in einem Bewerbungsgespräch erwartet, und zuzel mir irgendeine Antwort aus der Nase, die passen könnte. Als Frau im gebärfähigen Alter wollen die meisten Arbeitgeber sowieso nur hören, dass ich demnächst keine Familiengründung plane.
Als ich gestern dann aber das Video von former Sex-Educator turned Creator Consultant Hannah Witton zur Sinnhaftigkeit von 5-Jahresplänen gesehen habe, bin ich ins Grübeln gekommen. Kann so ein Plan doch etwas bringen? Und was ist eigentlich mein Problem mit Plänen?
Mein Problem mit Plänen
Ich hasse es, Pläne zu machen. Nicht, wenn es um Termine mit Freunden, Bekannten oder der Familie geht. Nein. Sobald es aber um mich geht, sieht die Sache anders aus.
Es ist immer wieder spannend, wie sich solche Unarten in die eigene Persönlichkeit einschleichen. Ich kann also nicht genau sagen, wann es begonnen hat, aber ich weiß, dass dieses Problem mit Plänen über die Jahre entstanden ist. Wahrscheinlich hat es viel mit meinem Missverständnis für “Manifestation” zu tun.
Wenn du dir nur genau genug vorstellst, was du willst, dann wird es wahr.
Ja, ich hab das viele Jahre ein bisschen zu wörtlich genommen und mir NUR etwas vorgestellt. Definitiv ein wichtiger Aspekt, immerhin nutzen zum Beispiel Sportler Manifestationen bzw. ihre Vorstellung dazu, ihren Sport besser und auch nachweislich erfolgreicher auszuführen. Nur ein Hürdenläufer kann sich noch so oft vorstellen, wie er die Schritte zwischen den Hürden setzen, wie er abspringen und landen muss, damit er die Strecke schnellstmöglich hinter sich bringt. Wenn er dann schlussendlich nicht läuft, bekommt er keine Goldmedaille.
Genau so, habe ich aber die letzten Jahre meine Ziele “verfolgt”.
Ich weiß was ich will, wo ich stehen, was ich erreichen möchte. Aber ich bin einfach nicht in die Umsetzung gekommen. Egal ob es wegen Depressionen, Perfektionismus oder einfach simpler Bequemlichkeit oder Faulheit war. Wenn du dir immer wieder vornimmst etwas zu tun und es dann nicht tust, beginnst du dein Vertrauen in dich zu verlieren.
Das Problem an der Sache ist, dass dieser Prozess schleichend ist. Auf der einen Seite ist das wahrscheinlich gut, weil du dich so schnell wieder aus der Abwärtsspirale hieven kannst. Auf der anderen Seite ist es aber auch unfassbar schlecht, weil du dann vielleicht gar nicht bemerkst, wie du nach und nach in dieses neue Verhaltensmuster reinschlitterst.
Ich habe es nicht bemerkt, bis mir aufgefallen ist, dass ich es immer mehr gehasst habe Pläne, Wünsche, Visionen für mich zu fixieren. Als ich mich gefragt habe, woher das kam, konnte ich sehr schnell meine innere Stimme wahrnehmen:
Das wird eh nix!
Das hältst du doch sowieso nie durch!
Das erreichst du ja nie!
Wieso sollte es diesmal klappen!
Super motivierend. Da freut man sich, seine Zukunft zu planen oder sich auszumalen, was man erreichen kann.
Heute kann ich ein bisschen reflektierter darauf schauen. Ich weiß, dass meine Erwartung an mich stark im Perfektionismus verankert ist. Wenn die Aussicht auf ein perfektes Ergebnis fehlt, dann sehe ich darin wenig Sinn (ehrlicherweise keinen). Das Problem: Perfektionismus ist nicht erreichbar. Dementsprechend sehe ich nie einen Sinn, gehe nicht los, tanze im Kreis auf einer Stelle und buddle mir ein Loch.
Keine Ahnung, seit wann und warum ich mir einrede, dass ein Plan in Stein gemeißelt ist und nicht verändert werden darf. Natürlich absoluter Blödsinn. Der Sinn eines Plans ist einfach ein Wegweiser, der je nach Situation anpassbar sein darf und sogar sein muss. Zumindest habe ich noch nie eine Rüge dafür bekommen, dass ich einen Plan nicht genauso umgesetzt habe, wie ich es mir vorab vorgestellt habe. (Und ja, I know das es da draußen Architekten und Bauvorhaben gibt, die sehr genau nach Plan arbeiten müssen…aber darüber sprechen wir hier ja jetzt nicht.)
Kann so ein Plan jetzt doch etwas bringen?
Macht es jetzt Sinn für mich einen solchen Plan zu erstellen? Ich habe keine Ahnung. Aber ich würde es gerne ausprobieren. Vor allem, weil das Konzept von Witton, ein einfaches ist, was sich vom ersten Gefühl her auch nicht nach In-Steintafel-einmeißeln-bei-nicht-Erfüllung-Kopf-ab anfühlt.
Sie hat ihr Leben einfach in ein paar Kategorien geteilt, ihre 5 Jahresziele aufgeschrieben und daneben vermerkt, welches die nächsten Schritte sind, um diese Ziele zu erreichen. Easy und simple.
Die Kategorien waren:
Karriere
Persönlichkeitsentwicklung
Familie & Freunde
Finanzen
Zuhause
Freizeit
Gesundheit
Ich finde die Aufteilung angenehm. Sie deckt für mich alles ab, worüber ich mir Gedanken machen möchte und ich habe schon erste Ideen. Was mir besonders an dem Konzept von ihr gefällt - und wahrscheinlich ist das ein logischer Teil des Plans - sind die “nächsten Schritte”.
Ich glaube, dass ich viel zu fokussiert auf das große Endziel bin, als auf den Ist-Stand zu schauen und zu eruieren, was der nächstmögliche kleine Schritt sein könnte, um dem Endziel näher zu kommen. Allein der Gedanke daran, macht diese 5-Jahres-Thematik weniger einschüchternd für mich. Die großen Brocken in kleine Bitesize-Mini-Steps runterzubrechen ist sowieso so wichtig und definitiv ein Schritt, den ich gerne vergesse.
Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen einen Plan auszuarbeiten und zu schauen, wo ich mich in 5 Jahren überhaupt sehe und welche ersten Schritte ich jetzt setzen kann. Ist sicher auch spannend dann eines Tages zurückzuschauen und zu sehen, wo man angefangen hat und wie sich auch die eigenen Wünsche verändert haben.
Hast du einen 5-Jahresplan? Wenn ja, wie bist du an die Sache ran gegangen? Und wenn nicht, gehts dir vielleicht ähnlich mit Plänen? Ich würde mich freuen, wenn du deine Gedanken und Erfahrungen mit mir teilst. Danke dir!
Alles Liebe,
Claudia
Ich fühle mit Dir.
Ich habe tatsächlich schon in Vorstellungsgesprächen sinngemäß geantwortet, dass man heute nicht mehr vernünftig für 5 Jahre in die Zukunft planen kann. Natürlich etwas netter formuliert.
Mit Plänen für mich selbst habe ich mir die Erlaubnis gegeben, sie jederzeit zu ändern. Nach dem Motto: Der Plan ist das, was ich mache, wenn sich nicht etwas Besseres ergibt. Damit kann ich gut leben.
Spannend! Ich selbst habe noch nie 5-Jahrespläne gemacht. Fünf Jahre sind 1825 Tage. Selbst morgen kann einfach so viel unvorhergesehenes passieren. Klar kommt dann die Anpassung der Pläne ins Spiel, aber ich weiß nicht. Sich Ziele für sich selbst zu setzen finde ich absolut sinnvoll. Aber das mache ich Step by Step und nicht für die nächsten fünf Jahre.